Privatsphäre auf Reisen? 24/7 als Paar unterwegs

Ein schamlos ehrlicher Blogpost mit einer grossen Prise trockenem Humor über Pipi, Kaka & Co. auf Reisen. Man soll das Leben nicht zu ernst nehmen, und dennoch möchten wir dazu beitragen, dieses Thema zu „enttabuisieren“.

KI Bild hölzernes Toilettenhaus mit Berglandschaft im Hintergrund

Das Wort Privatsphäre kennen wir alle. Nein, nicht die Privatsphäre in Bezug auf deine Online-Daten, sondern die Privatsphäre in Bezug auf eine geschlossene Zimmertür. Zuhause ist es oftmals klar abgegrenzt. Es gibt eine Tür, ein Badezimmer, mehrere Räume, oder man geht sich aus dem Weg, da jeder ein eigenes Leben führt. Doch auf Reisen als Paar ist das eine andere Geschichte. Praktisch 24/7 zusammen unterwegs. Zu Beginn als Backpacker, da hatten wir wenigstens noch Unterkünfte mit einem abschliessbaren Bad. Nun sind wir in einem VW Kombi (Bulli) unterwegs und leben unseren Traum auf wenigen Quadratmetern. Ohne Badezimmer und ohne Tür, die man einfach hinter sich schliessen kann. Ausser die Autotüren, aber das funktioniert nur bei schönem Wetter.

Wir sind ehrlich: Die Hemmschwelle, über sein „Geschäft“ zu sprechen, ist in den letzten Monaten deutlich gesunken.

Vor einiger Zeit hätten wir es noch „cringe“ gefunden (um es in moderner Sprache zu sagen), wenn ein anderes Paar so offen über seine täglichen Bedürfnisse gesprochen hätte. Doch auf Reisen ist das eben eines der Top-Themen, neben der Nahrungsbeschaffung (ja, wir sind sozusagen Jäger und Sammler...) und gesundem Schlaf.

🚽 Es gibt drei grosse Themenbereiche, die wir in diesem Artikel schamlos ansprechen werden. Um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen (Ah, doch noch eine Tür!), verwenden wir zunächst gesellschaftstaugliche Umschreibungen:

  • Das kleine Geschäft
  • Das grosse Geschäft
  • Jegliche Gas- und Luftausstösse aus dem Körper
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Hasst du gewusst, dass laut Unicef noch immer 3.5 Milliarden keinen Zugang zu sicheren Toiletten haben und 419 Millionen Menschen ihre Notdurft im Freien verrichten müssen? Für uns in der Schweiz unvorstellbar.

Das kleine Geschäft aka „Pipi“

Pipi machen, die Blase entleeren, urinieren – oder laut Wikipedia „Miktion“ – ist wohl das Einfachste der drei Themen. Als Backpacker war das oft kein Problem. Die einzige Herausforderung zu Beginn war die Sauberkeit der Toiletten. Wobei ein Teil unserer Reisegruppe beim kleinen Geschäft ja nicht sitzen muss, was die Hemmungen deutlich verringert. Nachdem wir jedoch jede Toilettenart ausprobiert haben – vom Erdloch über das Plumpsklo bis hin zur „Squat Toilet“ und dem vollautomatischen Klo in Japan –, kann uns so schnell nichts mehr schockieren.

Das einzige Problem? Aktuell sind wir mit unserem Bulli unterwegs. Wenn die Blase drückt, muss es schnell gehen. Im Schnitt haben wir während der Fahrt etwa drei Minuten Vorlaufzeit, bevor eine kleine Katastrophe droht. Zwischen Vollbremsung und „Katastrophe geschehen lassen“ gibt es nur einen schmalen Grat: In drei Minuten eine geeignete Stelle finden, an der wir mit unserem Oldtimer gemütlich anhalten können, um das kleine Geschäft versteckt hinter Büschen zu erledigen. Auch hier hat ein Teil der Crew den Vorteil, dass nicht der ganze Hintern entblösst werden muss. Aber bisher haben wir es immer geschafft, den Super-GAU zu vermeiden.

Die zweite Herausforderung mit der Miktion (wir bleiben natürlich fachlich) ist ganz unerwartet in der Nacht aufgetaucht. Wir lieben es, mit dem Bulli wild zu campen – ohne Strom, Zivilisation oder Toiletten. Dafür muss man sich nachts aus der warmen Bettdecke quälen, die Taschenlampe ertasten, die richtigen Schuhe finden und im Dunkeln einen Platz suchen, um die „Blumen zu giessen“. Wenn es dabei regnet oder die Temperaturen nahe dem Nullpunkt sind, wird das „Giessvergnügen“ zu einer spannenden Angelegenheit. Ganz zu schweigen davon, dass man aufpassen muss, nicht in der eigenen „Schifferei“ zu stehen. Merkt euch diesen Satz, er wird im nächsten Teil nochmals wichtig.

Alles in allem ist das aber machbar. Es brauchte ein wenig Umgewöhnung, aber mittlerweile sind wir ganz gut darin. Auf einer Schnellstrasse mit Speed in eine schmale, sandige Parkbucht zu brettern, ist kein Problem mehr.

von giphy

Das grosse Geschäft aka „Kaka machen“

Jetzt wird’s spannender. Was zuhause schon für unangenehme Gespräche sorgen kann, nimmt auf Reisen eine ganz neue Dimension an. Zu Beginn war es harmlos. Man ist ständig im selben Hotelzimmer und hört oder riecht natürlich, wenn der andere Teil der Reisegruppe einmal seine „Defäkation“ verrichten musste. (Keine Angst, wir haben später noch bessere Begriffe dafür 😉). Dann kommen die ersten Magenprobleme auf Reisen. Plötzlich nimmt das Thema überhand. Man braucht viel öfter ein stilles Örtchen und hat hoffentlich immer Toilettenpapier dabei! Ausser in Japan, da brauchst du nichts – dort spielt die Toilette während dem „Abseilen“ sogar dein Lieblingslied, wenn du das möchtest.

Also, die Frequenz der Toilettenbesuche nimmt zu und der Rollenverbrauch steigt merklich. Diese Rechnung ist wohl noch nachvollziehbar. Was sich dann langsam einschleicht, sind Gespräche über die Konsistenz des jeweiligen „Häufchens“. Na gut, irgendwie will man ja auch wissen, ob es dem Rest der Crew langsam besser geht. Aber wisst ihr was? Es ist ein fataler Irrglaube, dass diese Gespräche nach erfolgreicher Genesung wieder aufhören. Klar, offene Kommunikation ist gesund. Es ist nicht so, dass jedes „Abseilen“ analysiert wird, aber man könnte schon sagen, es ist ein alltägliches Thema. Als Mathematiker würden wir somit folgende Gleichung aufstellen:

X = Anzahl an Magen-Darm-Problemen
(Längere Reisedauer + Mehr Gespräche um die „Wurst“) mal X = Weniger Privatsphäre

Wobei die Privatsphäre wohl nicht mehr abnimmt, wenn X den Wert 5 überschritten hat. Genug Mathe, zurück zur „vollen Schüssel“.

Nun haben wir im Camper keine Toilette zur Hand. Das erhöht die Problematik etwas. Zum Glück ist die durchschnittliche Vorlaufzeit grösser als drei Minuten, sodass wir in einer solchen Situation keine Action-Stunts mit unserem A-Team-Bus machen müssen.

von giphy

Der theoretische Optimalfall:

Nur einmal am Tag, auf einer schönen Toilette, das „Schokoladenauto“ ausparken.

Die Realität:

Zwei bis drei Mal am Tag, irgendwo an einer ungemütlichen Stelle, zwischen kratzenden Büschen am Hintern, mit der ständigen Angst, von jemandem gesehen zu werden, und seine „braunen Schätze“ zu verteilen. Danach wird das Ganze bestenfalls zugedeckt und vergraben. Hoffentlich wurde das Toilettenpapier nicht vergessen...

Nun stell dir vor, du musst diesen kratzenden Büschen noch zusätzlich im Dunkeln ausweichen. Wenigstens musst du dabei weniger Angst haben, gesehen zu werden. Doch die Taschenlampe verrät natürlich deinen Standort. Jetzt das Wichtigste! Ich hoffe, du hast dir den Satz im Abschnitt „Pipi“ gemerkt: JA NICHT HINEINSTEHEN❗Wirklich nicht. Das macht keinen Spass. Auch nicht im Dunkeln, wenn es niemand sieht. Wenigstens haben wir beide dieselben Voraussetzungen.

Um nochmals auf die gesunde Kommunikation in einer Beziehung zurückzukommen: Selbstverständlich werden diese nächtlichen Ereignisse mitgeteilt und es wird sich wie an einem Stammtisch darüber ausgetauscht. Wenn es tagsüber unerwartete Wendungen gab (nein, nein, nicht die Wurst-Wendungen in der Schüssel), kann natürlich auch darüber debattiert werden.

Zum Abschluss dieses Teils geben wir euch noch ein paar sprachliche Alternativen für das grosse Geschäft mit auf den Weg, die ihr hoffentlich in euren täglichen Sprachgebrauch einbauen werdet. Wir mussten jedenfalls ein paar Mal schmunzeln beim Schreiben dieses Textes:

Fünf Highlights

  • Lehmkuchen backen
  • 6 Pfund knochenfreie Masse abwerfen
  • Das braune Triebwerk zünden
  • Ein braunes Item droppen (Anglizismen dürfen in keinem guten Blogpost fehlen)
  • Knödeln

Jegliche Gas- und Luftausstösse aus dem Körper

Hierzu zählen Rülpser und Pupser. In diesem Fachartikel konzentrieren wir uns jedoch hauptsächlich auf den Methanausstoss. Eigentlich ist dieses Thema schnell abgehandelt.
Seit jeher lautete die Regel in unserem Zweierhaushalt:

„Luftkekse werden nicht in geschlossenen Räumen gebacken“

50 % des Haushalts haben sich grundsätzlich an diese Regel gehalten. Da wir auf unserer Reise oft in Asien unterwegs waren, wo die Räume nicht immer komplett geschlossen sind, konnte diese Regelung ein wenig ausgedehnt werden.
Nun stellt sich die Frage, ob ein VW-Bus als geschlossener Raum gilt? Wahrscheinlich schon, doch offiziell wurde dies nie bestätigt und wird noch verhandelt.

Überraschenderweise gab es vor einigen Tagen jedoch neue Indizien, dass auch die andere Seite diese Regelung im Camper nicht mehr so genau nimmt. Die Situation ist etwas verzwickt, es sieht aber danach aus, dass der Artikel aus dem „Gesetzbuch“ gestrichen wird, um zukünftigen Diskussionen vorzubeugen.

Glücklicherweise können wir mittlerweile wieder selbst kochen und achten sehr auf unsere Ernährung. Dadurch halten sich unsere Blähungen ehrlich gesagt in Grenzen. Zuvor, als wir zu 90 % auswärts gegessen haben, konnten wir das nicht wirklich steuern. Gerade fettiges Essen mit viel Glutamat, Weizen etc. hat uns manchmal ziemlich zugesetzt. Auf Reisen ist es nicht immer einfach, sich günstig und gesund zu ernähren. Wir suchen da jeweils einen Mittelweg.

Mehr zu gesunder und nachhaltiger Ernährung auf Reisen findest du in diesem Beitrag:

Nachhaltige Ernährung auf Reisen - wir klären auf
Sind wir ehrlich - egal ob es ein 2-wöchiger Urlaub ist oder du dich auf einer Weltreise befindest. Neben dem Erleben von neuen Kulturen, Menschen und Sehenswürdigkeiten ist auch das Thema Essen allgegenwärtig. Wie ist eine nachhaltige Ernährung auf Reisen überhaupt möglich? Wir geben dir Tipps.

Wie sieht es nun mit der Privatsphäre aus?

Die ist wirklich gleich null. Wir haben in diesen Bereichen kaum noch Tabus und gehen ganz offen damit um. Nicht zuletzt, weil wir während der Reise beide schon unabhängig voneinander verschiedene „Problemchen“ mit dem kleinen oder grossen Geschäft hatten und daher einen Arzt aufsuchen mussten. Auch das kann auf so einer langen Reise vorkommen. Hygiene steht natürlich an erster Stelle, aber es ist trotzdem nicht immer einfach, den gewohnten Standard aus der Schweiz aufrechtzuerhalten.

Schmutzige Toiletten, unreines Wasser und die Unterhose vielleicht mal etwas länger tragen als zuhause... Das sind alles Realitäten auf unserer Reise. Daher ist Kommunikation umso wichtiger, wenn etwas nicht stimmt. Was die einen vielleicht „cringe“ finden, gehört für uns zum normalen Gesundheitszustand.

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Wusstest du? Am 19. November ist der Welttoilettentag! Den müssen wir nun ja fast feiern. 😀

Die Weltlage

Zuletzt ein kurzer Ausflug in die weite Welt. Glücklicherweise bessert sich die Toilettenlage weltweit, und immer mehr Menschen haben Zugang zu sicheren Toiletten. Das zeigt eine Statistik von Statista, welche die Jahre 2000 und 2020 vergleicht.
Gerade die offene Defäkation ist um 15 % zurückgegangen, und ebenso ist die Weltbevölkerung mit Zugang zu regulären, ungeteilten Toiletten + sicherer Entsorgung in diesen 20 Jahren um 25 % gewachsen.
Trotzdem haben wir bereits unzählige Orte besucht, an denen die Toilettenhygiene nicht vorhanden ist oder die Toilette nur aus einem Loch hinter dem Haus besteht. Auch in Grossstädten, in denen sich die Massen sammeln und die Dunkelziffer von nicht registrierten Bewohnern hoch ist, riecht und sieht man die Ausscheidungen überall.

Statistik von Statista über die Sanitäre Weltlage zwischen den Jahren 2000 und 2020.
Statistik von Statista.com

Lass es uns wissen, wenn du auf Reisen bereits ähnliches erlebt hast. Wir wetten, es geht den meisten (Paaren) gleich. 🤗